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4. Teilzeit- und Befristungsgesetz


Was bedeutet Schriftform nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz?

Die Klägerin war auf Grund eines am 31.01.2003 befristeten Arbeitsvertrags bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 21.11.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das mit ihr bestehende Arbeitsverhältnis über das zunächst vorgesehene Vertragsende am 31.01.2003 bis zum 31.01.2004 verlängert werde. Das Schreiben war von zwei Vertretern der Beklagten unterzeichnet. Entsprechend der von der Beklagten am Ende des Briefes geäusserten Bitte unterzeichnete auch die Klägerin dieses Schriftstück.

Die Klägerin hatte in allen drei Instanzen keinen Erfolg mit ihrer Feststellungsklage, wonach die zum 31.01.2004 vereinbarten Befristung unwirksam sein sollte.

Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, mit der Unterzeichnung auch durch die Klägerin ist eine dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG, § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB genügende Befristungsabrede zustande gekommen. Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB durch beide Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Zur Wahrung der nach § 14 Abs. 4 TzBfG erforderlichen Schriftform genügt es, wenn die eine Vertragspartei in einem ihr von unterzeichneten, an die andere Vertragspartei gerichteten Schreiben den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages anbietet und die andere Partei dieses Angebot annimmt, in dem sie das Schriftstück ebenfalls unterzeichnet.

BAG, Urteil vom 26.07.2006, 7 AZR 514/05

War die Befristung von Arbeitsverträgen älterer Arbeitnehmer zulässig?

Bis zur Gesetzesänderung am 19.04.2007 konnten nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 3 S. 1 TzBfG in der Fassung vom 24.12.2003 mit älteren Arbeitnehmern befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden, ohne dass die Befristung sachlich begründet sein musste. Das Gesetz musste geändert werden, weil es gegen die höherrangige Richtlinie 2000/78/EG verstiess.

Hintergrund ist der sogenannte Mangold-Fall. Ein 56jähriger Arbeitnehmer, Herr Mangold, wird unter ausdrücklicher Berufung auf § 14 Abs. 3 TzBfG (a.F.) ohne sachlichen Grund befristet eingestellt. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts München, dass die Wirksamkeit der Befristung zu prüfen hatte, verstösst diese Vorschrift aber wegen der Diskriminierung des Alters gegen europäisches Recht, wonach eine Ungleichbehandlung wegen des Alters unangemessen ist. Nach der Entscheidung des EUGH steht § 14 Abs. 3 TzBfG (a.F.) im Widerspruch zu den Vorgaben dieser Richtlinie. Die Regelung führe zu einer Ungleichbehandlung von älteren und jüngeren Arbeitnehmern. Arbeitgeber könnten mit älteren Arbeitnehmern ab dem 52. Lebensjahr zeitlich unbegrenzt immer wieder unbefristete Arbeitsverträge schliessen. Dafür sei allein der Anknüpfungspunkt das Alter des Arbeitnehmers. Ohne Berücksichtigung von anderen Faktoren wie der Struktur des Arbeitsmarktes und der persönlichen Situation des Betroffenen, zum Beispiel die Dauer seiner bisherigen Arbeitslosigkeit, gehe die Vorschrift über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels der Vorschrift, nämlich Eingliederung älterer Arbeitnehmer, erforderlich und angemessen sei. Der EUGH nimmt insoweit einen Verstoss gegen den gemeinschaftlichen allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz sowie Art. 6 Abs. 1 der sog. Antidiskriminierungsrichtline an.

Dieser Auffassung musste gefolgt werden. Dabei konnte sich der Arbeitgeber auch nicht darauf berufen, er habe auf die Gültigkeit des Gesetzes vertraut. Schliesslich sei die Vereinbarkeit der Norm mit Gemeinschaftsrecht im arbeitsrechtlichen Schrifttum bereits seit ihrem Inkrafttreten in Zweifel gezogen worden.

EUGH, Urteil vom 22.11.2005, C – 144/04

Vgl. hierzu auch:

EUGH, Urteil vom 16.10.2007, C 411/05 (Felix Palacios de la Villa)

Unter welchen Voraussetzungen ist die Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages möglich?

Der Kläger war bei der Beklagten am 07.04.2003 zunächst für ein Jahr befristet eingestellt worden. Am 06.02.2004 vereinbarten die Parteien für die Zeit ab dem 07.04.2004 ein befristetes Arbeitsverhältnis für ein weiteres Jahr. Der zweite Arbeitsvertrag entsprach bis auf einen um 0,50 Euro erhöhten Bruttostundenlohn dem Vertrag vom 07.04.2003.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben angenommen, dass es sich bei dem Vertrag vom 06.02.2004 um eine Verlängerung des Arbeitsvertrages vom 07.04.2003 handelt und die Klage abgewiesen.

Auf die Revision des Klägers hat das Bundesarbeitsgericht den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, eine Verlängerung des Arbeitsvertrages vom 07.04.2003 iSd § 14 Abs. 2 TzBfG kann nur angenommen werden, wenn der Arbeitgeber, wie von ihm behauptet, dem Arbeitnehmer die Erhöhung des Arbeitsentgelts entweder vor dem Abschluss des Vertrags vom 06.02.2004 zugesagt oder allen anderen Arbeitnehmern eine erhöhte Arbeitsvergütung gewährt hat und den Kläger von dieser Erhöhung nicht ausnehmen durfte. Anderenfalls liegt der Abschluss eines neuen befristeten Vertrags , der nach § 14 Abs. 1 TzBfG eines Sachgrundes bedurfte.

BAG, Urteil vom 23.08.2006, 7 AZR 12/06

Unter welchen Voraussetzungen hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Teilzeit in einem Härtefall?

Die Klägerin ist Flugbegleiterin bei einem Luftfahrtunternehmen, Sie wurde in einem bestimmten tariflichen Teilzeitmodell mit 46,67 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft eingesetzt. Mit dieser Arbeitszeit konnte sie nach den Flugplänen nur mit einem vollen Flugumlauf (Einsatz vom Abflug bis zum Rückflug) pro Monat beschäftigt werden. Einen weiteren Flugumlauf konnte sie frühestens vor Übergang in den nächsten Monat antreten. Die Tarifvertragsparteien lösten dieses Modell im Jahr 2005 ab und sahen stattdessen zuletzt einen Arbeitszeitanteil von 51,09 % vor. Das neue Teilzeitmodell lässt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zwei volle Flugumläufe während des laufenden Monats zu. Die tarifliche Neuregelung bestimmt, dass betroffene Teilzeitbeschäftigte ihr bisheriges Teilzeitmodell (ursprünglich 46,67 % und später 45,85 %) in begründeten Ausnahmefällen, z.B. bei Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger, beibehalten können. Die Tarifvertragsparteien gingen davon aus, dass entsprechende Gründe bei nicht mehr als 10 % der Altverträge zum Tragen kommen würden. Diese Zehnprozentquote schöpfte die Beklagte nicht aus.

Die Klägerin verlangt die Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 45,85 % Das Landesarbeitsgericht hat einen in der Person der Klägerin begründeten Ausnahmefall iSd. Tarifvertrages rechtskräftig verneint. Dem Verringerungsantrag der Klägerin nach § 8 TzBfG hat das Berufungsgericht dagegen stattgegeben.

Das Bundesarbeitsgericht hat das Urteil hinsichtlich der Verringerungsantrags aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, ob Arbeitnehmer auf Grund der gewünschten Verringerung der Arbeitszeit nicht in vollem Umfang tarif- und vertragsgerecht eingesetzt werden können. Die unterbliebene Ausschöpfung der tariflichen Zehnprozentquote ist ein blosses Indiz für die fehlende wesentliche Beeinträchtigung betrieblicher Belange. Das Indiz kann der Arbeitgeber mit dem Vortrag negativer Folgen entkräften.

Weiter hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass die Ablehnung einer Verringerung der Arbeitszeit zu einer erheblichen Störung betrieblicher Arbeitszeitmodelle führen muss. Eine solche Beeinträchtigung kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer, der den Teilzeitwunsch äussert, oder andere Arbeitnehmer nicht mit ihrer gesamten Arbeitszeit eingesetzt werden können. Die Störung ist schon dann erheblich, weil Ansprüche aus Annahmeverzug entstehen können und der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht in vollem Umfang nachkommen kann.

BAG, Urteil vom 13.11.2007, 9 AZR 36/07 mit 16 Parallelsachen

Welche betrieblichen Gründe können einem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen?

Die Klägerin langjährig, zuletzt als Gruppenleiterein in Vollzeit (38,5 Wochenstunden), bei der Beklagten in einem heilpädagogischen Kindergarten beschäftigt. In den Kindergartengruppen werden jeweils 6 Kinder vom 3. Lebensjahr bis zur Reinschulung betreut. Die Kinder sind von geistiger Behinderung bedroht, geistig behindert oder zum Teil auch mehrfach behindert. Jede Gruppenleiterin wird von einer pädagogischen Fachkraft und einer Halbtagskraft, die für zwei Gruppen zuständig ist, unterstützt. Der Kindergarten ist montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 15.00 Uhr geöffnet. Bislang arbeitete die Klägerin, bei einer Pause von 30 Minuten, jeweils montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 16.45 Uhr. Mit ihrer Klage wollte die Gruppenleiterin eine Verringerung ihrer Arbeitszeit und eine Verteilung von 8.15 Uhr bis 13.00 Uhr sowie an einem Tag bis 16.45 Uhr erreichen. Die Beklagte hatte dies abgelehnt und damit begründet, dass für das Kindesinteresse eine täglich kontinuierliche Betreuung durch dasselbe Personal notwendig ist. Daher sei die von der Klägerin gewünschte Arbeitszeit nicht realisierbar.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin wird auch weiterhin 38,5 Wochenstunden zu arbeiten haben.

Arbeitnehmer haben nach § 8 TzBfG Anspruch auf Verringerung ihrer Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen. Mit der Entscheidung des BAG wird das Recht der Arbeitnehmer auf Arbeitszeitverkürzung begrenzt. Aber in diesem Fall ist ein entgegenstehender betrieblicher Grund gegeben, da das Kindesinteresse an einer täglichen kontinuierlichen Betreuung durch dasselbe Personal die gewünschten Arbeitszeiten nicht zulasse.

BAG, Urteil vom 19.08.2003, 9 AZR 542/02

Dazu folgende Anmerkung:

Erzieherinnen haben es schwer, ihre Arbeitszeit mittels des gesetzlichen Anspruchs gem. § 8 TzBfG zu verringern. Das Bundesarbeitsgericht hatte sich kurze Zeit vor der o.g. Entscheidung mit einem ähnlichen Fall zu beschäftigen. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, Mutter von 3 Kindern, die in Teilzeit mit 26 Wochenstunden als Erzieherin beschäftigt war und ihre Arbeitszeit zum Zwecke der Kindererziehung auf 10 Wochenstunden verringern wollte. Auch hier verweigerte das Bundesarbeitsgericht den Anspruch auf Arbeitszeitverringerung mit der Begründung, der Arbeitgeber habe glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass derartige Arbeitszeiten mit seinem pädagogischen Konzept nicht vereinbar seien.

BAG, Urteil vom 18.03.2003, 9 AZR 126/02

Hat eine Arbeitnehmerin Anspruch auf Verteilung der verringerten Arbeitszeit?

Die Klägerin, eine Lagerarbeiterin ist in einem Gross- und Aussenhandelsunternehmen beschäftigt. Sie hatte früher eine volle Stelle. War aber dann mehrere Jahre in Elternzeit. Nach dem Kindergarteneintritt ihres zweiten Kindes wollte sie mit 20 Wochenstunden wieder anfangen. Die Beklagte sagte dies zu, meinte aber, die Mutter müsse ihre Arbeit morgens um 7.00 Uhr beginnen, weil diese Zeit als regulärer Arbeitsbeginn per Betriebsvereinbarung festgesetzt sei.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine solche Betriebsvereinbarung nicht ausreicht, um den Winsch der Mutter abzulehnen. Das Gesetz verlange ein Entgegenkommen, soweit „keine betrieblichen Gründe entgegenstehen“. Solche Gründe gebe es im vorliegenden Fall nicht, weil die Frau ihre Lagerarbeiten zeitlich unabhängig von den Kollegen ausführen könne.

Wenn Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit verringern wollen, müssen Arbeitgeber also soweit wie möglich auch auf deren zeitliche Wünsche eingehen. Selbst Abweichungen von einer regulären betrieblichen Arbeitszeit müssen Arbeitgeber hinnehmen, wenn dadurch die betrieblichen Abläufe nicht gestört und die Interessen der Kollegen nicht beeinträchtigt werden. § 8 TzBfG begründet einen Anspruch des Arbeitnehmers, seine mit Zustimmung des Arbeitgebers verringerte Arbeitszeit auf die vom Arbeitnehmer gewünschten Zeiten festzulegen, soweit dieser Verteilung der Arbeitszeit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.

BAG, Urteil vom 16.03.2004, 9 AZR 323/03

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